EU-Parlament ehrt Jesidinnen mit Sacharow-Preis

27.10.2016 18:23

Im Irak wurden die beiden Frauen vor ihrer Flucht versklavt. In
Europa erheben sie nun ihre Stimmen gegen die Grausamkeiten des IS.
Dafür bekommen sie prominente Unterstützung.

Straßburg (dpa) - Für ihren Kampf gegen die Terrormiliz IS werden die
irakischen Jesidinnen Nadia Murad und Lamija Adschi Baschar mit dem
renommierten Sacharow-Preis des EU-Parlaments ausgezeichnet.
Parlamentspräsident Martin Schulz gab die Entscheidung am Donnerstag
während der Plenarsitzung in Straßburg bekannt. «Das ist eine sehr
symbolische Entscheidung», sagte er anschließend. Murad bezeichnete
die Auszeichnung als ein kraftvolles Signal an den IS.

Die beiden Frauen wurden von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS)
im Nordirak versklavt. Murad und Baschar gelang die Flucht nach
Deutschland. Sie versuchen jetzt, Verbündete im Kampf gegen die
Versklavung ihrer Glaubensschwestern durch den IS zu gewinnen.

Die extremistischen Sunniten hassen die Jesiden. Sie beschimpfen die
Religionsgemeinschaft, die eine Ursprungsreligion der Kurden ist, als
«Teufelsanbeter». Weltweit gibt es rund eine Million Jesiden. Derzeit
sollen noch 3200 Frauen und Kinder in den Fängen des IS sein.

«Die beiden Frauen sind die Stimme der zahllosen Opfer des
Menschenhandels, eine Stimme, die ein Ende solcher Gräueltaten
fordert», sagte Schulz. In diesem Kampf wolle das Parlament die
Menschrechtsaktivistinnen unterstützen.

«Die Anerkennung des Leidens der jesidischen Frauen und des
jesidischen Volkes ist eine starke Botschaft an die Terrormiliz IS,
dass ihre kriminelle Unmenschlichkeit verurteilt wird», teilte Murad
am Abend mit. Dabei bekräftigte sie die Forderung nach einer
internationalen Strafverfolgung ihrer Peiniger. «Wir werden weiter
daran arbeiten, dass der IS für seine Verbrechen an verletzlichen
Volksgemeinschaften und vor allem an Frauen und Kindern zur
Rechenschaft gezogen wird.»

Die Bundesregierung gratulierte den Preisträgerinnen «für ihren
starken Einsatz für das jesidische Volk!». Bundesjustizminister Heiko
Maas (SPD) twitterte: «Zwei besonders mutige Kämpferinnen gegen den
brutalen Terror des IS.» Die Vorsitzende der Grünen, Simone Peter,
nannte die Entscheidung «weitsichtig». Die Diskriminierung und
Verfolgung wegen religiöser Zugehörigkeit sei zu ächten.

Mit dem Sacharow-Preis ehrt das Europaparlament seit 1988 Menschen
oder Organisationen, die sich für Menschenrechte und Grundfreiheiten
einsetzen. Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an den
saudischen Blogger Raif Badawi. Verliehen wird der Preis, der mit 50
000 Euro verbunden ist, am 14. Dezember.