Klarer Sieg für «weltoffenen» Van der Bellen - Viele Frauen-Stimmen

05.12.2016 04:00

Forscher haben die Gründe für den unerwartet klaren Erfolg des
Ex-Grünen-Chefs Van der Bellen bei der Präsidentenwahl in Österreich

untersucht. Eine große Rolle spielen die Frauen. Es gibt aber nicht
nur gute Nachrichten für den Sieger.

Wien (dpa) - Alexander Van der Bellen hat nach seiner Wahl zum neuen
Staatsoberhaupt Österreichs seinen künftigen Kurs beschrieben. «Ich
werde ein weltoffener, proeuropäischer Präsident der Republik
Österreich sein», kündigte der 72-jährige ehemalige Grünen-Chef b
ei
seiner ersten kurzen Rede vor der Presse am Sonntagabend in Wien an.
Er gewann die Wahl laut Hochrechnung mit 53,3 Prozent der Stimmen
gegen den FPÖ-Bewerber Norbert Hofer. Van der Bellen ist der erste
Präsident Österreichs aus den Reihen der Opposition.

Betrug der Abstand zwischen beiden Kandidaten bei der ersten
Stichwahl vor gut sechs Monaten nur rund 30 000 Stimmen, waren es
jetzt rund 300 000 Stimmen. Die Wahl vom 22. Mai war später
gerichtlich annulliert worden. Die damals schon hohe Wahlbeteiligung
von 72,7 Prozent legte noch einmal auf rund 74 Prozent zu.

Aufgrund des erheblichen Vorsprungs von rund sechs Prozentpunkten ist
die Auszählung der Briefwahlstimmen am Montag nur noch von
statistischem Belang. Sie kann das Ergebnis nicht mehr drehen. Die
Auszählung sollte um 9 Uhr beginnen. Mit einem Ergebnis wurde am
Abend gerechnet.

Nach einer Analyse des Sozialforschungsinstituts Sora verdankte Van
der Bellen seinen Sieg nicht zuletzt der Unterstützung vieler Frauen.
62 Prozent der Wählerinnen stimmten für ihn. Unter den Männern hatte

Hofer die Nase vorn. Generell ist es Van der Bellen besser gelungen,
seine Anhänger zu mobilisieren.

Gerade diejenigen, die die Zukunft optimistisch einschätzen, stimmten
für Van der Bellen. Von ihnen gingen viele zur Wahl - im Gegensatz zu
den Pessimisten, die eher zu Hofer neigten und zu Hause blieben. Beim
Kampf um die Wähler der konservativen ÖVP bewies Van der Bellen laut
Sora-Analyse ebenfalls mehr Geschick. 55 Prozent der ÖVP-Anhänger
stimmten für den ehemaligen Grünen-Chef. Allerdings: Durch den langen
Wahlkampf und durch manche wenig staatsmännische Auftritte litten
laut Analyse die Glaubwürdigkeit und die Sympathiewerte beider
Kandidaten deutlich.

Der bisherige Bundespräsident Heinz Fischer war am 8. Juli 2016 nach
zwölf Amtsjahren ausgeschieden. Seitdem übernahm das dreiköpfige
Nationalratspräsidium die Amtsgeschäfte. Van der Bellen soll am 26.
Januar vereidigt werden. Die FPÖ hat bereits angekündigt, die Wahl
diesmal nicht anzufechten.