Renzis mögliche Nachfolger

05.12.2016 05:02

Rom (dpa) - Nach der Schlappe beim Verfassungsreferendum ist
Ministerpräsident Matteo Renzi angezählt. Ein Blick auf mögliche

Nachfolger:

PIER CARLO PADOAN ist derzeit Wirtschafts- und Finanzminister und ein
Politiker der alten Schule, der vor allem in Brüssel Anerkennung
genießt - was auch an seinem besonnenen Auftreten liegen dürfte, das
er anders als Renzi an den Tag legt. Entscheidet sich Mattarella für
den 66-jährigen Ökonom, dürfte das ein beruhigendes Signal an die
Märkte senden. Padoan gilt als einer der wichtigsten Männer im
Kabinett Renzi, der in der (internationalen) Wirtschaftspolitik viel
Erfahrung hat: erst als Wirtschaftsberater unter Ex-Premierminister
Massimo D'Alema, dann als Exekutivdirektor beim Internationalen
Währungsfonds, schließlich als Vize-Generaldirektor bei der
internationalen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD). Padoan gehört keiner Partei an.

DARIO FRANCESCHINI ist ein enger Verbündeter Renzis und macht derzeit
als Kulturminister eine gute Figur. Er genießt nicht nur in der
Regierungspartei Partito Democratico (PD) Rückhalt, deren Chef er
2009 war. Als Kulturminister hatte der 58-Jährige für Furore gesorgt,
als er hohe Ämter in Italiens Museen erstmals international
ausgeschrieben hat. Der Jurist ist seit 2001 Abgeordneter und auch
als Autor aktiv: Er hat mehrere Romane geschrieben.

CARLO CALENDA ist im Kabinett Renzi Minister für Wirtschaftliche
Entwicklung und setzt auf Wachstum. Zu der Hypothese, er werde der
nächste Premierminister, sagte der 43-Jährige: «Das bringt mich zum
Lachen.» Geht es nach ihm, müssten die Zeiten der
Übergangsregierungen beendet sein. Der PD-Politiker gilt als ein
bisschen Manager und ein bisschen Politiker: Ende der 90er Jahre
pflegte er bei Ferrari die Kunden- und Finanzbeziehungen, danach
arbeitete er im Marketing von Sky Italia.

PIETRO GRASSO ist Präsident des italienischen Senats. Einst war der
Jurist und Staatsanwalt als Anti-Mafia-Jäger bekannt. Der 71-Jährige
hat zwar noch keine Erfahrung als Ministerpräsident, war aber
immerhin schon kurzzeitiger Interimspräsident nach dem Rücktritt von

Staatspräsident Giorgio Napolitano 2015. Fast drei Wochen lang nahm
der PD-Politiker die Aufgaben des Staatsoberhauptes wahr, bis
Mattarella sein Amt antrat.

GRAZIANO DELRIO ist studierter Mediziner und in Renzis Kabinett seit
dem Frühjahr 2015 Minister für Infrastruktur und Verkehr. Als Chef
einer Übergangsregierung würde er vermutlich einen ähnlichen Stil wie

Renzi pflegen, er gilt als «super-renziano» - nur menschlicher. Er
könnte besänftigend auf die zerstrittenen politischen Lager nach der
Referendumskampagne wirken. Der 56-Jährige startete seine politische
Karriere als Bürgermeister in seiner Heimatstadt Reggio Emilia und
hat neun Kinder.

ENRICO LETTA ist Renzis Vorgänger und wurde 2014 nicht abgewählt,
sondern praktisch durch eben jenen Renzi verdrängt. Der 50-jährige
Letta hat in den Hauptstädten Europas einen guten Ruf und gilt als
erfahren. Er könnte sich bei Renzi revanchieren wollen. Es ist aber
sehr fraglich, ob eine so polarisierende Figur zum Kopf einer
Übergangsregierung gemacht wird. Außerdem ist Letta zurzeit weit weg
vom Politikbetrieb in der Hauptstadt: Er bringt Studenten in Paris
Politik bei. Seit 2015 ist Letta Dekan an der Pariser Hochschule für
internationale Beziehungen PSIA.