«Fortschritte erzielt»: Macron will Lohndumping in der EU eindämm en

23.08.2017 20:26

Frankreichs Präsident nutzt die ruhigen Sommertage für eine kleine
«Europa-Tournee». Dabei wirbt Macron für eine Reform der
EU-Entsenderichtlinie - und findet Verbündete.

Salzburg (dpa) - Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sieht bei
seinem Kampf gegen Sozial- und Lohndumping in der EU eine Lösung in
greifbarer Nähe. «Wir haben heute Fortschritte erzielt», sagte Macron

Mittwochabend in Salzburg nach Gesprächen mit Amtskollegen aus
Österreich, der Slowakei und Tschechien.

Demnach soll bis Oktober eine Reform der sogenannten
Entsenderichtlinie erarbeitet sein. Die Regelung soll dann für
dieselbe Tätigkeit an ein- und demselben Ort den gleichen Lohn für
alle Arbeiter bringen. Das sieht auch ein aktueller Entwurf der
EU-Kommission vor.

Die derzeitige Form ist laut Macron ein «Verrat am Geiste Europas».
Die EU-Freizügigkeit sei nicht geschaffen worden, um jenen mit den
niedrigsten Standards zu helfen.

Die sogenannte Entsenderichtlinie ermöglicht es, dass Unternehmen
Mitarbeiter für begrenzte Zeit in ein anderes EU-Land schicken, um
dort zu arbeiten. Sie müssen mindestens den dort geltenden
Mindestlohn verdienen, behalten aber sonst ihren Arbeitsvertrag und
zahlen Sozialversicherungsbeiträge weiter im Herkunftsland. Sie
können so deutlich schlechter bezahlt werden als Arbeiter ihres
Gastlandes. Besonders das Baugewerbe ist betroffen.

Paris und Wien fordern strengere Regeln und Kontrollen, um Missbrauch
zu verhindern. Österreichs Kanzler Christian Kern warnte, dass Europa
ohne Reformen in einen neuen und einen alten Teil gespalten werden
könnte. «Unsere Zukunft kann nur in einem starken Europa begründet
sein», so der Sozialdemokrat Kern.

In manchen östlichen EU-Staaten gibt es jedoch deutlichen Widerstand
gegen schärfere Regeln für ausländische Arbeitnehmer. Deshalb holten

Macron und Kern nach bilateralen Gesprächen den tschechischen
Ministerpräsident Bohuslav Sobotka und seinen slowakischen
Amtskollegen Robert Fico an einen Tisch.

«Wir sollten die Lohnpolitik so ausrichten, dass wir die
Lebensstandards und Löhne in der EU voranbringen», sagte Sobotka, der
sich bisher für eine weitere Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb
der EU einsetzte. Er hielt eine Lösung über die Richtlinie im Herbst
realistisch, um das Trennende in Europa weiter zu überwinden. Fico
erwäge, Sozialdumping in der Slowakei gesetzlich zu verbieten. Die
Regierungschefs wollen sich noch in diesem Jahr zu weiteren
Gesprächen treffen.

Seit Januar 2015 arbeiten Tschechien, die Slowakei und Österreich im
sogenannten Austerlitz-Format zusammen. In der böhmischen Kleinstadt
Slavkov (historisch: Austerlitz) bei Brünn vereinbarten die drei
damaligen Regierungschefs eine engere politische Zusammenarbeit auf
regionaler und europäischer Ebene - etwa in den Bereichen Transport,
Infrastruktur, Energie und Bildung. Historisch bedeutsam ist der Ort
wegen der Drei-Kaiser-Schlacht, in der der Franzose Napoleon 1805
eine Allianz aus österreichischen und russischen Truppen besiegte.

Die EU-Kommission begrüßte am Mittwoch die Vermittlungsbemühungen
Macrons. Ein Reform der Entsenderichtlinie müssen sowohl die
Mitgliedstaaten als auch das Europaparlament zustimmen. Für den
sozialliberalen Macron ist es auch innenpolitisch ein heikles Thema:
Im Wahlkampf versprach er seinen Bürgern vor dem Hintergrund hoher
Arbeitslosigkeit eine Verbesserung der Regelung. Die EU müsse neu
gegründet werden und zum Kern des Projekts zurückfinden. Die Union
habe die Aufgabe, seine Bürger vor unfairen Wirtschaftspraktiken
ebenso wie vor Terror zu schützen. Zudem müssten gemeinsame Lösungen

in der Flüchtlingsfrage gefunden werden.

Für Macron geht die europapolitische Werbereise weiter. Am Abend
stand für den Franzosen und seine Frau Brigitte noch ein Konzert mit
Daniel Barenboim im Rahmen der Salzburger Festspiele auf dem
Programm. Danach sind Stationen in Rumänien und Bulgarien geplant.