Europas Rechtspopulisten fordern in Prag Ende der EU

16.12.2017 17:57

Die Rechtsaußen-Fraktion ENF im Europaparlament hält einen großen
Kongress in Prag ab. Der Tagungsort dürfte kein Zufall, sondern ein
Signal sein: In Tschechien rechnen die EU-Gegner mit einem großen
Zustimmungspotenzial für ihre radikalen Ansichten.

Prag (dpa) - Rechtspopulisten aus ganz Europa haben bei einem Treffen
in Prag ein Ende der Europäischen Union in der jetzigen Form
gefordert. An dem Kongress der EU-Parlamentsfraktion Europa der
Nationen und der Freiheit (ENF) nahmen am Samstag unter anderem der
Niederländer Geert Wilders und die Französin Marine Le Pen teil.
«Brüssel ist eine existenzielle Gefahr für unsere Nationalstaaten»,

kritisierte Wilders. Le Pen sprach von einer «desaströsen
Organisation».

Die rechten Verbündeten sprachen sich klar gegen Zuwanderung aus.
«Ich hoffe, dass die Tschechen ihre Türen vor der Massenzuwanderung
fest geschlossen halten», sagte Wilders und lobte die Haltung der
östlichen EU-Staaten. Die EU-Kommission klagt gegen Tschechien,
Ungarn und Polen, weil sie die EU-Flüchtlingsquoten nicht umsetzen.
Gastgeber Tomio Okamura von der tschechischen Partei Freiheit und
direkte Demokratie (SPD) sagte, es drohe eine «muslimische
Kolonisation Europas».

Nur mehrere Hundert Menschen folgten einem Aufruf linker Gruppen zu
Gegendemonstrationen. Sie riefen vor dem Tagungshotel lautstark
«Schande» und hielten Spruchbänder hoch wie «Soziale Gerechtigkeit

statt Rassismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit». Die Polizei
bereitete sich mit starken Sicherheitsmaßnahmen auf das Treffen vor
und setzte auch einen Hubschrauber ein.

Le Pen begrüßte die Regierungsbeteiligung der rechten FPÖ in
Österreich als eine «sehr gute Nachricht für Europa». Wilders nannt
e
es wunderbar, dass das Mitglied der ENF-Fraktion ernstgenommen werde.
Anders als im Januar in Koblenz war die deutsche AfD diesmal nicht
bei dem Treffen vertreten. ENF-Mitglied Marcus Pretzell war nach der
Bundestagswahl zur Blauen Partei gewechselt und damit seiner Frau
Frauke Petry gefolgt. Im EU-Parlament konnte die kleinste Fraktion
bisher kaum etwas bewegen. Auch in der Öffentlichkeit wurde es
ruhiger um sie.

Die Wahl Prags als Tagungsort dürfte kein Zufall sein: In Tschechien
rechnen die EU-Gegner offensichtlich mit einem größeren
Zustimmungspotenzial für ihre radikalen Ansichten. Gastgeber Okamura
hatte mit seiner rechten Partei bei der Parlamentswahl Ende Oktober
22 der 200 Abgeordnetenmandate erhalten - mit einem harten Kurs gegen
Flüchtlinge und den Islam. In einer Eurobarometer-Umfrage hielten nur
33 Prozent der Tschechen die Mitgliedschaft in der Europäischen Union
für positiv. Das war der niedrigste Wert unter allen 28
Mitgliedsstaaten.